Dortmund-Wellinghofen
Evangelische Kirche, ehem. St. Chrysanthus und Daria, An der Kirche 1
Dortmund-Wellinghofen, ev. Kirche, ehem. St. Chrysanthus und Daria, Außenansicht von Südosten. Foto: LWL/Dülberg.
Dortmund-Wellinghofen, ev. Kirche, ehem. St. Chrysanthus und Daria, Innenansicht nach Osten. Foto: LWL/Dülberg.
Dortmund-Wellinghofen, ev. Kirche, ehem. St. Chrysanthus und Daria, Innenansicht nach Westen. Foto: LWL/Dülberg.
Dortmund-Wellinghofen, ev. Kirche, ehem. St. Chrysanthus und Daria, südöstliches Seitenschiffgewölbe mit Gewölbemalerei. Foto: LWL/Dülberg.
Dortmund-Wellinghofen, ev. Kirche, ehem. St. Chrysanthus und Daria, Grundriss (durch Anklicken der roten Markierung wird die Kartierung geöffnet).
Baukörper
Hallenkirche von zwei Jochen mit dreiseitig-polygonal geschlossenem Chor und Westturm. Entstanden aus dem gotischen Umbau eines romanischen Kreuzsaals mit halbkreisförmiger Apsis und Querarmen. Von diesem Bau noch erhalten der Westturm, das Langhaus- und das ehemalige Vierungsjoch sowie der südliche Querhausarm mit Nebenapsis, jeweils mit Pfeilern und Gewölben. Ebenfalls zur romanischen Bausubstanz gehört im heutigen Chorbogen der Ansatz der einstigen Apsis mit dem figürlichen Wandmalereifragment. Der zuvor flach gedeckte gotische Chor in jüngerer Zeit nach Osten verlängert und eingewölbt.
Baudaten
Vorgängerbau 2. Hälfte 9. Jahrhundert, romanischer Neubau im ausgehenden 12. Jahrhundert, gotischer Umbau einschließlich Nordsakristei 14. Jahrhundert, Chorumgestaltung mit Südsakristei 1903-1907.
Romanische Raumfassung
Die an den romanischen Bauteilen gut überlieferte Raumfassung des ausgehenden 12. Jahrhunderts mit gemalter Quaderung an Wänden und Pfeilern, Gratbegleitbändern, Lilienmotiven und Sternen in den Gewölben als Hinweise auf das himmlische Paradies ist ein frühes Beispiel für das sogenannte „Westfälische Ausmalungssystem“ romanischer Kirchen. 1978 freigelegt und behutsam restauriert, die Fehlstellen neutral ergänzt. Die heutige, 2008 in Kalkfarbe erneuerte Raumfassung lehnt sich eng an die ursprüngliche romanische Farbigkeit an.
Unter der fragmentarischen figürlichen Darstellung im Chorbogen lassen flächig angelegte Farben Reste einer gemalten Säulenstellung mit aufsteigendem Ornamentband erkennen. Diese malerische Dekoration gehört zur bauzeitlichen Raumfassung des Kirchenschiffs und vermittelte offenbar zu der zunächst weiß getünchten und erst mit größerem zeitlichem Abstand figürlich bemalten Chorapsis.
Figürliche romanische Wandmalerei
Nordseite des Chorbogens, Kopffragment eines Heiligen, vermutlich Apostel oder Prophet.
Werktechnik/Maltechnik
Auf stark geglättetem, feinkörnigem Putz liegt auf einer dünnen, teilweise aber auch pastosen Kalktünche die bauzeitliche Raumfassung. Das jüngere figürliche Fragment eines Heiligen wurde nicht durch eine eigene Kalktünche vorbereitet, die Vorzeichnung aus rotem Ocker liegt direkt auf der Erstausmalung. Am Nimbus konnte ein winziger Goldrest festgestellt werden.
Restaurierungsgeschichte
1978 freigelegt und restauriert, erneute Konservierung 2008 mit Punktretuschen zur Vervollständigung der spätromanischen Konturlinien. Von der malerischen Ausgestaltung der Figur ist außer der Vorzeichnung kaum noch etwas erhalten, von den oberen Malschichten der den Kopf rahmenden Arkade dagegen etwas mehr.
Beschreibung und Ikonografie
Kopffragment eines bärtigen Heiligen im Dreiviertelprofil mit einst vergoldetem Nimbus unter einer durch Kapitell und Bogen bezeichneten Arkade. Das gescheitelte Haar fällt leicht gewellt und in mehreren Strähnen lang nach hinten herab und gibt dabei das flott gezeichnete Ohr frei, das auf Augenhöhe ansetzt. Den langen Hals säumt ein glattes Untergewand, das im Übrigen durch ein kräftig gestauchtes Obergewand überdeckt wird. Dieses fällt unterhalb der Raffung der Stoffmassen auf der Schulter des Heiligen in leicht schrägen, annähernd parallelen Falten herab.
Es ist vielleicht zu vermuten, dass der Heilige Teil einer in der Apsis umlaufenden Figurenreihe war, die als Apostel oder Propheten anzusprechen sind. Darüber kann man sich dann möglicherweise eine Majestas Domini vorstellen, auch wenn die Arkaden ungewöhnlich weit in die Krümmung der Kalotte hineingereicht haben müssen. Für eine gesicherte Rekonstruktion reicht der Befund bei weitem nicht aus.
Kunsthistorische Einordnung
Die gebrochenen Gewandfalten der Figur, die eine unruhige Silhouette ergeben, sind typische Kennzeichen für den sogenannten Zackenstil. In Faltenwurf und Gesichtsdurchbildung bestehen Ähnlichkeiten mit den Figuren der Soester Nikolaikapelle. Der hagere Gesichtstyp und die ausgezogenen Oberlider finden sich indes noch verwandter in der ebenfalls in diesem Zeitraum mit einem Figurenprogramm ausgestalteten Blasiuskirche in Balve. Dass sich das qualitätvolle Wellinghofener Fragment zwanglos in den Reigen der Zackenstilmalereien aus der Mitte des 13. Jahrhunderts einfügen lässt, die entweder in Soest entstanden sind oder von Soester Werkstätten beeinflusst waren, zeigt auch die enge Verbindung zu den Prophetenscheiben des Wurzel-Jesse-Fensters aus Lohne (heute im LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster).
Datierung
Um 1250.