Wandmalereien

Schmallenberg-Wormbach

Katholische Kirche St. Peter und Paul, Alt Wormbach 2


Schmallenberg-Wormbach, kath. Kirche St. Peter und Paul, Grundriss (durch Anklicken der roten Markierungen werden die Kartierungen geöffnet).


Baukörper
Hallenkirche von drei Jochen. Der quadratische Chor mit eingezogener Apis wohl ebenso von einem älteren Vorgängerbau wie der Westturm (ohne die jüngeren Strebepfeiler und inneren Vormauerungen). Seitenschiffe mit innen apsidial, außen gerade geschlossenen Ostwänden.

Baudaten
Turm vermutlich Mitte 11. Jh. (dendrochronologisch datiert 1051, 1063), zugehörig zur ergrabenen Saalkirche. Nordwand eines zweiten Vorgängerbaus ebenfalls ergraben. Zeitstellung des Chores unklar, um 1180/90 bereits vorhanden. Hallenlanghaus um 1250. Barocke Turmhaube von 1731, Sakristeianbau 1928/29.

Romanische Raumfassung
Die fast geschlossen erhaltene Raumfassung der Erbauungszeit des Hallenlanghauses trägt zur besonderen Bedeutung der Wormbacher Kirche bei. Die Spitzbögen der Gurt- und Scheidbögen der Gratgewölbe werden durch die gemalte Quaderung aus dunkel- und hellroten Flächen auf den Stirnseiten stark betont. In den Gewölben finden sich entlang der Grate Rankenfriese und außerdem im Mittelschiff Darstellungen der Tierkreiszeichen, die in dieser Art der Anbringung im Gewölbe singulär sind. Lebensbaummotive schmücken die Seitenschiffsgewölbe. Rankenfriese verlaufen auch unterhalb der Fenster, die von fingierten Säulenstellungen gerahmt werden. Vor allem anhand der nur aufgemalten Blattkapitelle der Mittelschiffspfeiler wird ersichtlich, dass bei Erstellung der schlichten Architekturformen aus spröder Grauwacke die Ausmalung schon geplant war und das Gesamtkonzept des Innenraums erst durch sie vollendet wurde.

Figürliche romanische Wandmalerei
Chorapsis (hinter dem Hochaltar von 1759): Weltgericht (Jüngstes Gericht)

Werktechnik/Maltechnik
Freskomalerei auf dünnem, einlagigem Putz, der von oben nach unten aufgetragen und stark geglättet wurde. Deutlich erkennbar sind die horizontalen Putzgrenzen, die mit den Gerüstlagen (Gerüstlöcher erkennbar) identisch sind. Erhalten haben sich vor allem die freskal auf den frischen Putz aufgetragenen Malschichten, so die Vorzeichnung in gelbem Ocker sowie einige Binnenfarben und Untermalungen, die mit Erdpigmenten ausgeführt wurden. Von den nach weitgehender Abtrocknung des Putzes folgenden modellierenden Secco-Malschichten haben sich nur spärliche Reste erhalten. Folgende Pigmente wurden verwendet: Eisenoxidrot, gelber und roter Ocker,  Grüne Erde, Kupfergrün (Malachit), Mennige, Zinnober, natürliches Ultramarin (Lapislazuli), Rebschwarz, Bleiweiß. Kleinste Reste belegen, dass die Nimben ebenso vergoldet waren wie der innere und äußere Begleitstreifen des Mandorlarahmens, der obere Farbstreifen des Regenbogens sowie der Rahmen des ehemals grünen Kreuzes.

Restaurierungsgeschichte
Freilegung und Restaurierung der Raumfassung 1955-57. Die Retuschen der umfangreich erhaltenen Befunde sind als Kreuzschraffuren ausgeführt und gut ablesbar. 1989 erneut restauriert unter Beibehaltung der Altretuschen.
Die figürliche Wandmalerei der Apsis 1911 zum Teil aufgedeckt, aber nicht restauriert. 1963 vollständig freigelegt und konserviert. Nur die Putzergänzungen eingetönt, keine Retuschen im Malereibestand. Weitere Konservierung 1989.
Dass heute die oberen Malschichten weitgehend fehlen, darf nicht über die ursprüngliche Farbkraft der Malerei hinwegtäuschen (s. Aquarellrekonstruktion). Die blauen Hintergründe und vielen grünen Akzente mit den vielfarbigen Figuren, deren Gewänder ein reiches Farbspektrum aufwiesen, ergaben ein überaus buntes Bild. Die Farbigkeit der Figuren ließ jedoch den Putzgrund mitsprechen und war nicht vollständig deckend, sondern gleichsam luftig mit Farbakzenten in den Faltentiefen angelegt. Diese helleren Figuren müssen sich also vor dem kräftig blauen und leuchtend grünen Rahmenwerk abgehoben haben.

Beschreibung und Ikonografie
In der Apsiskalotte thront der endzeitliche Christus auf einem Regenbogen inmitten einer vielfarbigen Mandorla. Zwei seitlich herannahende Engel halten ein großes Passionskreuz zentral vor die Figur des Thronenden. An den äußeren Bildrändern künden posaunenblasende Engel zum Kirchenraum hin von der Wiederkunft des Gottessohnes und erwecken damit die Toten. Zwischen ihnen und den stützenden Engeln stehen zwei weitere Engelsfiguren; links ein zu Christus gewandter, Harfe spielender Engel und rechts ein Segnender, der geradewegs aus der Kalotte auf den Betrachter schaut. Christus hat die Hände über dem Kreuz erhoben und hält in ihnen zwei Schriftbänder.
Darunter ist eine Reihe sitzender Apostel angeordnet, je sechs Figuren links und rechts des Ostfensters, die ein gemeinsames Schriftband halten und gestikulieren. Links des Fensters wird die nördliche Reihe durch die sitzende Maria ergänzt, jeweils außen stehen posaunende Engel, gemäß Matthäus: „und sie werden seine Auserwählten sammeln von den vier Winden her“ (Mt 24, 31).
Nach unten hin folgen zwei weitere Register: Ein schmaleres, auf dem die aus ihren Gräbern hinaussteigenden Seligen und Verdammten dargestellt sind, und darunter ein breiteres, auf dem im nördlichen Teil die Seligen ins himmlische Jerusalem geleitet und im südlichen Teil die Verdammten in den aufgesperrten Höllenrachen getrieben und von Teufeln in Empfang genommen werden.
Auf den Laibungen des Ostfensters steht je ein Heiliger, der rechte lässt sich über die Inschrift als Patroklus identifizieren, der linke über den Inschriftrest und sein Diakonsgewand als Cyriakus. Darüber befinden sich im Bogenrund drei Medaillons mit Halbfiguren. Im Scheitel stehen ein weitgehend zerstörter Engel mit Nimbus und darunter zwei weibliche Figuren, die als Kluge und Törichte Jungfrauen zu deuten sind, einem Gleichnis zum Weltgericht. Als untere Einfassung des figürlichen Zyklus dient ein breiter Blattfries mit Brustbildern von Engeln in Medaillons. Die Sockelzone darunter zeigt keinerlei Reste ursprünglicher Bemalung.

Kunsthistorische Einordnung
Der Figurenstil des Wormbacher Weltgerichts zeichnet sich dadurch aus, dass die Figuren durchgängig schlank sind und eher kleine Köpfe haben. Besonders die Engel zeigen verschiedene Bewegungsmotive, von starker Körperdrehung bis zu ruhigem frontalem Stand. Die Gewänder sind eher dünn und lassen die darunter agierende Figur mit ihren Gliedmaßen erkennen. Selbst der voluminöse Mantel des Weltenrichters fällt in feinen Parallelfalten und weiten Schwüngen herab und endet unterhalb des linken Arms in einem auffliegenden Gewandbausch. Dieser Bausch ist ein charakteristisches Bildelement.
Es sind Gewandmotive, die byzantinischen Einfluss verraten und sich im 12. Jahrhundert auch im deutschen Kunstraum und z. B. in Bochum-Stiepel finden (dort bei der Gottvaterfigur am Triumphbogen). Auch fehlen in Wormbach die plastischen Auflagen oder Eintiefungen an Nimben und Zierelementen, die den westfälischen Malereien des 13. Jahrhunderts an den vergoldeten Partien noch zusätzliche Wirkung verliehen.
Trotz der stark reduzierten Malschicht lässt sich eine routinierte Werkstatt erkennen, deren Stil und verwendete Bildelemente Parallelen zu einer Reihe von Malereien und plastischen Werken des 12. Jahrhunderts zeigen. Eine Datierung der Gerichtsdarstellung in das ausgehende 12. Jahrhundert, um 1180/90, und damit deutlich früher als bisher angenommen, erscheint deshalb als nahezu zwingend.

Datierung
1180/90, Raumfassung um 1250.