Wandmalereien

Schmallenberg-Berghausen

Katholische Kirche St. Cyriakus, Berghausen (bei Hausnr. 3)


Schmallenberg-Berghausen, kath. Kirche St. Cyriakus, Grundriss (durch Anklicken der roten Markierungen werden die Kartierungen geöffnet).


Baukörper
Kleine kreuzförmige Pfeilerbasilika mit eingezogenem Westturm, einjochigem Langhaus, Querhaus und Chorjoch mit halbrund geschlossener Apsis. Die Ostwände der Querhausarme sind als Seitenapsiden ausgebildet.

Baudaten
Die bisherige Datierung schwankt zwischen der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts und 1220. Die Stilmerkmale der figürlichen Wandmalereien in der Hauptapsis deuten auf die Fertigstellung der Kirche spätestens um 1210 hin. Turmwestwand im 19. Jahrhundert von außen verstärkt. Sakristei von 1932.

Romanische Raumfassung
Farbig gefasste Architekturglieder, gemalte Architekturrahmungen der Fenster, Lebensbaummotive, Kreuzmedaillons und rankengefüllte Gratbänder in den Gewölben sind gut überliefert und sorgsam restauriert. Zur Vervollständigung der schlicht ausgebildeten Architekturformen im Inneren waren die mehrfarbigen gemalten Architekturen und Dekorationen auf den Wand- und Gewölbeflächen im sogenannten Westfälischen Ausmalungstypus sicher von Beginn an eingeplant. Da die Architektur weitgehend unverändert ist, lässt sich in Berghausen unter Einschluss der figürlichen Wandmalereien in der Hauptapsis ein qualitätvoll ausgemalter spätromanischer Kirchenraum in außergewöhnlicher Vollständigkeit erleben.

Figürliche romanische Wandmalerei
Umfangreicher Bildzyklus in der Chorapsis.

Werktechnik/Maltechnik
Die Bildszenen sind als Kalkseccomalerei auf zweilagigem, bereits vollständig abgetrocknetem Putz ausgeführt, der als Grundierung für die Malerei mit einer dünnen Kalktünche versehen wurde. Konstruktionslinien und Vorzeichnungen erfolgten in gelbem Ocker auf die noch feuchte Tünche und wurden stellenweise mit rotem Ocker ausgezogen und präzisiert. Als Bindemittel der aufliegenden Malschichten wurden Proteine und geringe Spuren von Öl nachgewiesen. Für die blauen Töne verwendeten die Maler ausschließlich das kostbare Ultramarin. Daneben wurden folgende Pigmente nachgewiesen: Roter Ocker, Zinnober, Mennige, rotes und gelbes Eisenoxidpigment, Pflanzenschwarz, Beinschwarz, Malachit, Grüne Erde, gelber Ocker, Calciumcarbonat und Bleiweiß. Spuren von Vergoldungen sind an den Nimben und der Mandorla festzustellen.

Restaurierungsgeschichte
1936 durch Entfernung jüngerer Übertünchungen relativ sorgfältig freigelegt und zurückhaltend restauriert. Stellenweises Nachziehen der Konturen, besonders in den Gesichtern, aber meist ohne Abweichungen vom Original. Weitere Restaurierungen 1948, 1961, 1982 und 2014, jeweils unter Respektierung des vorgefundenen ursprünglichen Malereibestands. Retuschen und Ergänzungen (1961: Tratteggio-Retuschen) blieben auf die Fehlstellen im Putz oder in der Malschicht beschränkt. Das gesamte spätromanische Figurenprogramm ist zwar in der Malschicht reduziert, jedoch mit Ausnahme der Sockelzone und kleinerer Fehlstellen nahezu unverfälscht und vollständig überliefert, sodass man von ungewöhnlich guter Erhaltung des Wandmalereizyklus sprechen kann.

Beschreibung und Ikonografie
In der Apsiskalotte ist die zentrale Darstellung der Majestas Domini, des thronenden Christus, angeordnet, umgeben von den vier Evangelistensymbolen und Heiligenfiguren. Zur Rechten Christi stehen Maria und Johannes der Evangelist. Zu seiner Linken befinden sich Petrus und der Kirchenpatron Cyriakus.
Auf den darunterliegenden Wandfeldern der Apsis sind vier Szenen aus dem Alten Testament dargestellt: Opferung Isaaks, Moses vor dem brennenden Dornbusch, die Auszeichnung des Stammes Levi durch Moses und Samson mit den Toren von Gaza.
In der Fensterlaibung sind ihnen im Sinne der mittelalterlichen Typologie Bildszenen aus dem Neuen Testament gegenüber gestellt: Verkündigung an Maria, Lamm Gottes, Taufe Christi.
Die untere nördliche Wandzone nimmt eine auf spätantiker Überlieferung fußende Glücksraddarstellung ein. Die Glücksgöttin Fortuna dreht hier zwischen zwei flankierenden Königen das Rad des Glücks. Im Bildfeld südlich des Fensters schließen zwei Szenen aus der Nikolauslegende an. Dargestellt ist dort die Rettung von Seeleuten aus der Not durch den hl. Nikolaus, der in der zweiten Szene den Dank der Geretteten entgegen nimmt. Die Gegenüberstellung der Szenen beinhaltet den moralischen Appell an die Gläubigen, nicht der blinden Fortuna, sondern der Fürsprache des Heiligen zu vertrauen.
In der Sockelzone hat sich die Darstellung des Fabeltiers Greif erhalten.

Kunsthistorische Einordnung
Fließender, formzeichnender Stil von ausgeprägter Differenzierung der Farbigkeit und künstlerischen Ausarbeitung, inhaltlich ambitionierter Ausgestaltung und hoher Qualität. Es sind mindestens zwei Maler nebeneinander tätig gewesen. Der Berghausener Malereizyklus lässt noch nicht die geringsten Anzeichen des Zackenstils spüren und zeigt viele aus dem 12. Jahrhundert stammende Einflüsse und Bildmotive. Außerdem knüpft das dichte, inhaltlich komplexe Programm an die stark theologisch geprägten Ausmalungssysteme des dritten Viertels des 12. Jahrhunderts im Rheinland an. Aufgrund der körperlichen Präsenz und Monumentalität der Figuren ist aber eine Einordnung in das frühe 13. Jahrhundert zu vertreten. Jedoch wird man sich nicht allzu weit von der Jahrhundertwende entfernen dürfen, ergab doch auch die Analyse der erhaltenen Inschriften, dass die fast rein kapitalen Buchstabenformen und der sehr statische Stil der Schriftgestaltung von Vorbildern des 12. Jahrhunderts geprägt sind.

Datierung
Um 1210.